High-Tech-Kunststoffe aus Nauen

3 Mitarbeiter posieren mit Laugenbehälter

Produktionsleiter Andreas Kontschack mit Marie Sophie Bergfeldt, Azubi im zweiten Ausbildungsjahr zur Verfahrensmechanikerin für Kunststoff und Kautschuktechnik und Personalreferentin Julia Koser. Foto: Achilles

 

Die Wirthwein Nauen GmbH & Co. KG gehört zu den größten Betrieben im Osten der Stadt Nauen. Mit rund 300 Metern ist das Fertigungs- und Lagergebäude etwa genauso lang wie die Hallen der benachbarten BSH Hausgeräte GmbH. Während die Hausgerätemarke in Deutschland fast jedes Kind kennt, ist Wirthwein den meisten Menschen unbekannt. Zu Unrecht, denn keine Waschmaschine, kein Trockner, keine Spülmaschine würde ohne die Wirthwein-Produkte funktionieren.
Die Teile der Wirthwein AG stecken nicht nur in Hausgeräten, sondern auch in Autotüren, Lüftern zur Motorkühlung, in hocheffektiven Partikelfiltern und Fensterrahmenverkleidungen. In verschiedensten Energieanlagen sorgen Axial- und Radiallüfter von Wirthwein für frischen Wind. Ein weiteres Unternehmen der weltweit agierenden Wirthwein-Gruppe fertigt Bordrestaurants für Hochgeschwindigkeitszüge. Diese wiederum fahren auf Gleisen, die mit Dübeln und Zwischenlagen aus dem Hause Wirthwein auf Betonschwellen verbaut sind. Solche Komponenten für den Eisenbahnoberbau werden unter anderem in Brandenburg an der Havel produziert, wo sich ein weiteres der insgesamt 22 Unternehmen der Wirthwein-Gruppe befindet. Und auch in der Medizintechnik leisten Wirthwein-Produkte unverzichtbare Dienste.

 

Die Wirthwein AG ist einer der Kunststoffspezialisten Deutschlands. Seit über 50 Jahren entwickelt, fertigt und veredelt das Unternehmen verschiedenste Kunststoffteile. Begonnen hat alles mit Holz und der findigen Idee eines 34-jährigen Ingenieurs in Baden-Württemberg. Für ausgeleierte Bohrungen in den 1949 noch üblichen Holzschwellen im Bahnoberbau fertigte Walter Wirthwein spezielle Holzpflöcke, die den Schrauben für die Schienenbefestigungen neuen Halt gaben. Mit der Einführung der Betonschwellen kam dann der Umstieg auf Kunststoffe. 1967 startete das Stammwerk in Creglingen die Produktion mit drei Spritzgussmaschinen, heute sind es fast 500. 24 davon stehen im Werk in Nauen. Jede Maschine repräsentiert einen Wert von mehr als einer Million Euro. Mit einem Druck von 1.300 bar wird das auf 260 Grad erhitzte, flüssige Thermoplast-Material in die - im eigenen Unternehmen gefertigten - Formen, sogenannte „Spritzgießwerkzeuge“, gepresst und abgekühlt.
„Was herauskommt ist fix und fertig, kein Entgraten, keine Nachbearbeitung“, erklärt Produktionsleiter Andreas Kontschack. Industrieroboter heben die Teile aus den Formen. Bei einigen Produkten setzen die Roboter zusätzliche Komponenten aus Metall ein oder schäumen Dichtlippen auf die Ränder. Ein sehr großer Teil der Produktion geht direkt in das benachbarte Hausgerätewerk. Das ist ökologisch, weil der Transportweg minimal ist. Etwa 4.000 Waschmaschinen pro Tag kommen so zu ihrem Laugenbehälter.
Die Autoteile haben einen längeren Weg: Sie gehen überwiegend nach Deutschland, werden aber auch in andere europäische Länder wie Belgien, Schweden und Italien transportiert.
„Am Standort Nauen arbeiten 214 Mitarbeiter“, berichtet Personalreferentin Julia Koser. „Insgesamt sind weltweit etwa 3.650 Mitarbeiter in 22 Unternehmen in sechs Ländern für die Unternehmensgruppe tätig.“ Die Wirthwein AG ist zu 100% in Familienbesitz. „Unsere Mitarbeiter sind unser wertvollstes Kapital.“ heißt es auf der Webseite des Unternehmens – und das lebt das Unternehmen in Nauen seit Gründung im Jahre 1996.

Quelle: BraWo, Brandenburger Wochenpost vom 3. Juni 2018
Autor: Stephan Achilles